Erntedankgottesdienst am 4. Oktober 2020 in Quetzdölsdorf

Am 4. Oktober fanden über 20 Gemeindeglieder an der Quetzer Kirchruine zusammen, um gemeinsam den diesjährigen Erntedankgottesdienst zu feiern. Die Kirchruine mit den wundervoll herbstlich gefärbten Blättern der Berankung strahlte regelrecht in der immer noch recht warmen Morgensonne und bereitete damit eine ganz besondere Kulisse. Was gibt es schöneres als einen Erntedankgottesdienst in der Natur unter freiem Himmel zu feiern?

Veit Urban setzte einige Impulse zur Frage, wem und wofür überhaupt gedankt wird. Lesen Sie hier gerne einen Auszug aus seinen Kurzimpulsen:

Der Erntedank

Religiös danken wir Gott für die gute Ernte, um den Winter überstehen zu können. Wir feiern Gottes Schöpfung!
Weltlich schließen wir symbolisch mit einem Erntekranz oder Erntekrone und einem Fest mit gutem Essen, Bier und Tanz die Ernte ab.

Erntedank heute

Mit dem Erntedankfest erinnern Christen an den engen Zusammenhang von Mensch und Natur. Der Mensch ist Teil der Schöpfung – und gleichzeitig für sie verantwortlich. Verantwortlich? Doch wie soll das gehen in der heutigen Gesellschaft, in der nur noch knapp 2 % der Menschen in der Landwirtschaft eingebunden sind? „Unser tägliches Brot gib uns heute“ ist im Vaterunser eine Frage des dünnen Bauches, jetzt oftmals in unserer Konsumgesellschaft das Problem des dicken Bauches. In anderen Teilen der Welt steigt die Zahl der Hungernden rapide.

Wem und wofür danken wir also?

 „Alles begann in einem Garten – dem Paradies“. Der Garten ist der Beginn unserer Kultur. Das lateinische Wort colere beschreibt das Pflegen – das Kultivieren.  Aber auch jene ohne Garten sind behütet, die Vögel unter dem Himmel genauso wie die umherziehenden Wildbeuterkulturen: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und Gott ernährt sie doch (Matthäus 6,26).

Doch was ist Ernte? Der Schreibtisch wird zum „Acker“ des modernen Menschen. Die Aktenberge verbleiben jahreszeitlich gleich, die Rhythmen der Natur scheinen aufgehoben. Wir schwingen uns allzu oft auf, um selbst Gott zu spielen, indem wir von einem Projekt zum nächsten hecheln, um der Welt unseren Stempel aufzudrücken. Alles was getan werden kann, müssen wir zwanghaft tun. Dabei können wir uns nach dem hinter uns gebrachten Werk allerdings nur selbst danken. Und wir ernten auch nur das, was wir selber geschaffen haben…

Die Predigt von Pfarrerin Mechthild Latzel regte zum nachdenken an und war zudem sehr inspirierend. In Anlehnung zum Wochenspruch

„Aller Augen warten auf dich, Herr, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.“ Ps 145,15

einige Fragen vorab: 

  • Wie sieht Ihr Essen aus?
  • Beginnen Sie gemeinsam, oder geht jeder selbst an den Kühlschrank?
  • Essen Sie zu viel oder zu wenig?
  • Ist das Essen gesund – oder macht es Sie krank?
  • Vertragen Sie alles?
  • Wie geht es dem Acker und den Tieren, die Nahrungsgrundlage für uns sind?
  • Muss alles unbedingt billig sein – oder sind Sie bereit, das zu bezahlen, was es wirklich kostet?

Die Kerngedanken der Predigt

Erntedank – damit wir nicht vergessen, wie gut es uns geht.
Wer dies vergisst, wird undankbar. Wer undankbar ist, ist in der Regel auch unzufrieden und damit unglücklich. Erntedank möchte uns helfen, dies nicht zu vergessen, und nicht unglücklich zu werden.

Eine Hilfe, dies nicht zu vergessen, aus der Bibel: 1.Tim 4,4-5:

Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird; denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.

Danksagung heißt: ich sage Danke“ für mein Essen – zu Gott.
Danksagung ist das Gebet zu Gott.

Es geht dabei nicht darum, die richtigen Worte zu sprechen, sondern Gott in unser Leben hineinzunehmen. Wir haben unser Leben losgelöst von den Naturkreisläufen und von Gott. Damit geht viel kaputt und wir werden krank. Nehmen wir Gott hinein in unser Leben, auch in unsere Essgewohnheiten, so kann unser Leben wieder heil werden.

Dazu hilft uns das Tischgebet: mit Gott reden über unser Essen und unser Leben, ihm danken und ihn um seinen Segen bitten – mit eigenen Worten (so wie uns der Schnabel gewachsen ist) oder mit vorformulierten Texten.

Finden Sie hier ein paar kurze Tischgebete:

  • Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast und segne, was du uns bescheret hast. 
    Amen
  • Alle guten Gaben, alles, was wir haben, kommt, o Gott, von dir. Wir danken dir dafür. 
    Amen.
  • Regen, Wind und Sonnenschein, alles kommt von Gott allein. Alles, was wir nötig haben, danke, Herr, für deine Gaben. 
    Amen

Wir haben wahrlich viel zu danken, wenn wir den Blick darauf lenken. Und dies macht unser Herz froh. Erntedank – was für ein schönes und gutes Fest!

Viel Freude machte der Gemeinde auch das gemeinsame Singen, welches vom Bläserchor Niemberg begleitet wurde. Lieder wie „Wir pflügen, und wir streuen“ (EG 508, T: nach Matthias Claudius 1783, M: Hannover 1800) oder „Nun danket alle Gott“ (EG 321, T u. M: Martin Rinckart 1636) wurden besonders schön von den Bläsern interpretiert.

Im Anschluss an den Gottesdienst konnten die Gottesdienstbesucher vom selbstgebackenen Brot und der selbstgemachten Marmelade probieren. Bei einer Tasse Kaffee, wertvollen Gesprächen, einem Blick in „Das Labyrinth des Lebens: Werden – Vergehen – Neuwerden“ auf dem oberen Pfarrgelände und den beeindruckenden Riesenseifenblasen der Kinder fand der Erntedank seinen Ausklang.

Michael Porysiak